Der Begriff «Mental Load» ist derzeit gefühlt überall. Es scheint, als habe insbesondere der Comic mit dem Titel «Du hättest doch bloss fragen müssen!» darüber einen kollektiven Nerv getroffen. Auf Instagram teilen Mütter dutzendfach Beispiele, was diese «Mentale Last» für sie bedeutet: wenn man zwar in einer Partnerschaft lebt, aber trotzdem das Gefühl hat, die Verantwortung für das ganze Familienleben tragen zu müssen. Weil der Mann (ist in den meisten der beschriebenen Fälle leider so) sich zwar im besten Fall als fleissiger «Helfer» anbietet – an alles denken muss aber trotzdem die Frau.
Wie können wir den Mental Load etwas leichter machen? Wir haben ein paar Ideen, die sich bei uns bewährt haben. Einige eignen sich auch für Alleinerziehende, für die der Mental Load ja erst recht Alltag ist.
In Partnerschaften funktionieren sämtliche Lösungen nur, wenn man zuerst das Problem thematisiert. Denn wenn jemand einseitig Massnahmen ergreift, sind wir schon wieder am Anfang des Mental Loads (als wäre auch noch nur eine Person für die Problemlösungen in der Beziehung verantwortlich!). Reden, reden, reden ist also sozusagen Programmpunkt 1. Aber als kleine Tricks helfen bei uns:
Ein Stück Wandtafelfolie an die Wand kleben (oder ein Whiteboard in der Brocki holen). Darauf 3 Spalten vorzeichnen: Wer, Was, Bis wann. Alle neuen grösseren Aufgaben, die im gemeinsamen Haushalt anfallen, werden fortan verteilt und darauf festgehalten: Winterschuhe kaufen, Abfluss reinigen, Balkon wischen, Pass fürs Kind machen lassen … Wichtig ist, die To Dos mit einer realistischen Deadline zu versehen. Das Erfolgsgeheimnis: Vor Ablauf der Deadline darf der/die jeweils andere nicht nörgeln, obs nun endlich erledigt sei. Und ein prominenter Standort der Tafel im Haushalt stellt sicher, dass die Aufgaben nun auch sicher nicht vergessen werden.
Jeden Tag die olle Frage: «Was kochen wir heute Abend?» bringt nicht die erhoffte Spontaneität, sondern vielmehr völlig unnötigen Stress in die Familie. Am Feierabend noch kurz in den Laden zu rennen, um dann kostbare Minuten ratlos in der Gemüseabteilung Rezepte zu googlen – bringts einfach nicht. Ihr habts bestimmt schon hundertfach gelesen – nun, weils halt stimmt: Ein Wochenplan fürs Essen bringt extreme Ruhe in den Familienalltag. Man kann dann immer noch spontan Gerichte tauschen oder abändern, auswärts essen oder Pizza bestellen, aber so entfallen die genervten Telefonate um 17:50 Uhr. Wir beispielsweise planen am Samstagmorgen, jedes Kind darf sich eine Mahlzeit pro Woche wünschen, danach macht jemand von uns den Wocheneinkauf für alles Frische. Unter der Woche müssen wir höchstens noch sporadisch etwas nachkaufen. Grössere Mengen Vorräte wie WC-Papier, Milch, Pasta, Reis, Mehl, (früher auch Windeln) bestellen wir husch-husch online – Schlepperei auch gleich erledigt (mehr über eine neue, schnelle Art des Onlineshoppings weiter unten).
Klar ist es ideal, wenn man sich eine Haushalthilfe leisten kann (im Wochenbett wird die ja sogar von der Zusatzversicherung übernommen). Aber mit Outsourcing meinen wir eben vor allem auch, gerade in stressigen Zeiten einmalig etwas delegieren und auslagern zu können, wo es uns nichts kostet. Hier können wir Zeit und Energie sparen! Warum nicht den Grossvater mit den wichtigsten Anweisungen («keine Schreifarben»/«dieser Laden hat schöne Sachen») zum Schuh- oder Jackenkauf schicken mit dem Kind? Die geschickte Gotte zu bitten, die seit Wochen herumstehende Garderobe aufzuhängen oder die Vorhänge zu kürzen? Und warum nicht einfach per Handy am Abend auf dem Sofa den Wocheneinkauf erledigen, statt mit Kindern durch den Supermarkt zu ziehen?
In Babytagen, mit einem Kind in der Trage, das alles mitmacht, ist man besonders versucht, den Tag allzu voll zu packen. Aber auch mit Klein- und Schulkindern gilt: weniger ist mehr. Im Grunde bieten ihnen ihre Umgebung, die Natur, das Quartier genug Reize und Anregungen – Förderkurse und superambitionierte Ausflüge sind unnötig und bringen nur Stress und (zu) hohe Erwartungen für alle. Wir sind mit folgender Faustregel gut gefahren: eins pro Tag. Also ein Playdate, ein Ausflug oder ein grösseres Vorhaben (basteln, backen etc. mitgemeint) pro Tag reicht völlig, und im Idealfall lässt es sich mit einem Kaffee oder Freundetreffen für die Grossen verbinden. Das viel beschworene «Auspowern» ist überhaupt nicht nötig (sagt eine Jungsmama), im Gegenteil: Kinder wie Erwachsene sollten am Ende des Tages noch genug Energie haben, um einen möglichst entspannten Abend zu verbringen.
Die Einteilung der Familienarbeit in Zuständigkeitsbereiche schafft Klarheit. D.h. ein Elternteil kümmert sich beispielsweise um alles, was Arztbesuche und Medizin betrifft, eines um die Finanzen, eines um die Kinderkleider, eins um die Schuhe … Idealerweise kann jede/r seine/ihre Stärken und Interessen verfolgen. Und aufteilen heisst dann auch wirklich aufteilen, also kein rummeckern und reinreden, sondern: loslassen! Nützlich ist, auch die Organisation der Paarzeit aufzuteilen – z.B. kann sich einer um das Ausgangsprogramm kümmern, der/die andere um die Organisation des Babysitters – oder, wer Überraschungen mag: Immer abwechselnd eine Person für die gesamte Organisation eines Dates zuständig erklären.
Ich gebe zu, dass ich mich auch schon tagelang mit der Entscheidung rumgeschlagen habe, welche Znünibox nun für mein Kind und die Umwelt ideal wäre. Aber hey: Wir können in unserer momentanen Lebenssituation nicht grad allein die Welt retten, und wir und die Kinder überleben auch, wenn wir mal eine ästhetisch und umwelttechnisch zweifelhafte Entscheidung treffen. Viel wichtiger als die perfekte Walkhose ist doch unser aller Wohlbefinden. Deshalb bitte immer gut überlegen: Lohnt sich für diesen Kaufentscheid nun eine zweistündige Recherche auf allen sozialen Netzwerken? Oder gehe ich ausnahmsweise halt doch einfach zum Grossverteiler oder mache eine Onlinebestellung? Recherchen müssen beim grassierenden Optimierungswahn im Zaum gehalten werden. Setzt euch ein zeitliches Recherche-Maximum. Das Stichwort lautet (wenn die Alternative auf Kosten der psychischen Gesundheit geht): #gutgenug. Und: Prioritäten setzen. Wenn wir z.B. etwas fürs Klima tun wollen, dann ist das wichtigste und wirkungsvollste, nicht zu fliegen.
Ein freier (Halb-)Tag ohne Kinder? Oh Schreck! Was da alles erledigt sein will! Und entspannen bitte auch noch! Die Panik und Schaffenskraft ist dann meist gross. Und am Ende hat man doch ein unbefriedigendes Gefühl. Dagegen hilft: Am besten noch am Vorabend eine To-Do-Liste zu erstellen. Die zur Verfügung stehende Zeit in Blöcke einteilen: Von 9 bis 10 Uhr joggen und duschen, von 10 bis 11 Uhr Rechnungen und Admin, von 11 bis 11:30 Uhr aufs Sofa liegen, von 11:30 bis 12 Uhr kochen. Oder wie auch immer. Wichtig ist, auch Auszeiten fix einzuplanen (und nicht zu opfern!). Und das Handy in die Schublade zu räumen (man kann auch eine halbe Stunde daddeln einplanen!) Klingt unspontan und unsexy, ist aber viel hilfreicher und befriedigender als einfach nur eine unendliche Liste an Dingen, die getan werden sollten. Weil alles schaffen wir eh nie.