Ein Kind tobt, weil es nicht frühstücken will, sondern baden, und das Frühstücksbuffet befindet sich leider direkt neben dem Pool. Das andere schläft in der Trage, und das Brötchen wird schnell-schnell über den Babykopf in den Mund gestopft. Der erste Ferienmorgen bringt erst einmal nicht die erhoffte Entspannung. Als das heulende Kind mit dem Papa die Szene verlassen hat und ich erst einmal aufatme, tritt eine Frau an den Tisch und spricht mich an: Ob sie mir einen Kaffee bringen könne? «It’s such a tough job to have two kids», es sei so anstrengend mit zwei kleinen Kindern.
First World Problems, klar. Aber diese Geste, erlebt vor wenigen Tagen, rührt mich, und ich beschliesse sofort, sie selber ins Repertoire aufzunehmen. Die Frau ist Mutter zweier Kinder und liefert für mich nur den jüngsten Gegenbeweis für die These, Mütter seien untereinander nicht solidarisch, wie in diesem reisserischen, destruktiven Artikel in der «SonntagsZeitung» behauptet wird.
Dass der Autorin von anderen Müttern so viel Schlimmes wiederfahren ist, weckt beinahe mein Mitleid. Möglich, dass sie existieren, diese so genannten Übermütter, die allen anderen Müttern das Leben schwer machen und dabei so tun, als hätten sie selber alles tipptopp im Griff. Möglich, dass ich einfach nur Glück habe. Möglich, dass ich auf diesem Auge schlicht blind bin. Aber ich kenne diese Arschloch-Mütter nicht. Keine einzige. Im Gegenteil: Seitdem ich selber Mutter bin, erlebe ich eine völlig neue Solidarität unter Frauen. Das Spektrum reicht von der konkreten Hilfe (Zmittagessen kochen, Kindersachen ausleihen) über die moralische Unterstützung (sich zusammen freuen, gemeinsam jammern, Tipps geben) bis hin zu kleinen Gesten von Fremden wie der obenen beschriebenen oder auch nur einem aufmunternden Lächeln auf der Strasse, wenn es grad schwierig ist. Freundschaften sind entstanden oder haben sich vertieft. Das gegenseitige Verständnis ist gewachsen. Natürlich wird getratscht, natürlich gibt es (Vor)Urteile, natürlich gibt es Idiotinnen, wie in jedem Job und jeder anderen Lebenslage auch. Natürlich rücken viele Mütter auf Instagram und Facebook ihr Leben und ihre Kinder in ein total überzeichnetes Licht. Aber das machen die Kinderlosen ja auch, das ist kein Mutti-, sondern ein Social-Media-Phänomen.
Ich erlebe die Mutterschaft tatsächlich als ein Band, das Frauen über unterschiedliche Interessen, Generationen und Schichten hinweg verbindet. Das heisst nicht, dass sie nicht existieren, diese schlimmen Mütter, und dass es nicht möglich sein darf, auch einmal in einem schön aggressiven Artikel etwas Dampf abzulassen und mehr Solidarität einzufordern. Wir haben es ja wirklich nicht immer nur schön und leicht miteinander, das behaupte ich nicht. Aber dieses Pamphlet macht genau das, was es den so genannten Übermüttern vorwirft. Lasst mal locker? Habt mal Sex? Nehmt es mal mit Humor? Danke für die tollen Vorschläge, die wir sonst von sexistischen Sprüchen her kennen. Würde ein Vater in diesem Ton über andere Väter schreiben? Und nein, lustig ist es nämlich auch nicht. Das Zickenkrieg-Klischee wird hier mal wieder dermassen erfüllt, dass es fast absurd ist. Ein Mütternbashing mehr. Die Autorin verurteilt, generalisiert, bläht irgend ein simplifiziertes Feindbild auf und sät Hass. Lauter Dinge, die gerade sehr opportun scheinen, offenbar nicht nur im Politischen, sondern auch im Privaten.
Nur leider hilft das niemandem.