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Das Unternehmen Familie

Wie Philipp Rufer mithilfe von Strategieworkshops Paare vor dem «Konkurs» bewahren will.
12 Mrz 2017
Bild — Ulrike Meutzner

Nach dem Feierabend noch spontan mit der Kollegin ins Apéro? Am Wochenende statt zu putzen erst mal ausgiebig ausschlafen? Diverse Überstunden machen, weil etwas Wichtiges im Geschäft ansteht? Was für viele kinderlose Paare kein Problem ist, kann rasch zur Herausforderung werden, sobald ein oder mehrere Kinder da sind. Der Alltag ist mit Kinderbetreuung, Erwerbsarbeit, Haushaltsorganisation und (im besten Fall) Hobbys oft so stark ausgefüllt, dass weder für spontane Aktivitäten noch für tiefgreifende Gespräche als Paar viel Zeit bleibt. Viele Freiheiten fallen plötzlich weg, und es entstehen Konflikte rund um kleinere (er hängt seine Jacke nie auf, wie sollen es die Kinder dann lernen?) und grössere Themen (wer arbeitet wieviel und wie setzen wir unsere Prioritäten als Familie?).

Mama und Papa als Familienmanager

Mit seinem Angebot eines Familienworkshops hat der 36-jährige Berner Philipp Rufer einen Rahmen geschaffen, in welchem Paare abseits vom Alltag und mit strukturierter Hilfe ihre Beziehung reflektieren, ihre Familienpläne diskutieren und ihren gemeinsamen Lebensentwurf als Paar entwickeln können – mit dem Ziel, dass solche Konflikte nicht zur Belastung für die Beziehung werden. Als Strategieentwickler bei BMW hat sich Philipp Rufer intensiv mit der Weiterentwicklung von Organisationen auseinandergesetzt – entsprechend ist er mit den Abläufen des Strategieprozesses bestens vertraut. Auf die Idee, diesen Ansatz auch auf Familien und Paare anzuwenden, hat ihn allerdings seine Frau gebracht, die selber als Geschäftsführerin tätig war. «Wenn Firmen sehr viel Zeit und Geld in ihre Weiterentwicklung und den Veränderungsprozess investieren, wieso machen das eigentlich Paare nicht? Schliesslich droht fast 50 Prozent der Ehen der ‹Konkurs› in Form einer Scheidung», lautete ihre Überlegung.

«Wenn Firmen sehr viel Zeit und Geld in ihre Weiterentwicklung und den Veränderungsprozess investieren, wieso machen das eigentlich Paare nicht?»

Die Idee für Familienworkshop.ch war entstanden. Kurz vor der Geburt ihres ersten Kindes haben sich Philipp Rufer und seine Partnerin ein Wochenende lang den aus ihrer Sicht wichtigsten strategischen Fragen gewidmet: Welche Grundwerte sind uns wichtig? Welche Stärken und Schwächen haben wir als Paar (auch im Vergleich zu anderen Paaren)? Was ist unsere Vision und welche Lebensbereiche sind für uns zentral? Mit welchen Handlungen schaffen wir es, unsere Werte auch in den Alltag zu übersetzen? Während dieser Retraite haben die zwei ihr persönliches Familienbild erarbeitet:  Es ist ein stattlicher Baum mit grossen Ästen (ihre zentralen Lebensbereiche), kleineren Ästen (die Ziele) und Blättern (Handlungen, um die Ziele zu erreichen) – ein Symbol für die sich entfaltende Familie.

Väter fühlen sich angesprochen

In den drei Jahren seit diesem Kick-off hat Philipp Rufer – inzwischen zweifacher Vater – den Prozess verfeinert und weiterentwickelt und sich in die teilweise Selbständigkeit gewagt. Er moderiert nun regelmässig Familienworkshops für Paare und erzählt mit sichtlicher Begeisterung:«Gerade Männern hilft der analytische Strategieansatz, wenn es um emotionale Themen geht. Vielen fällt es nicht so leicht, über ihre Gefühle, Werthaltungen und Bedürfnisse als Väter zu sprechen. Dank der schrittweisen und eher rationalen Herangehensweise verstrickt man sich als Paar nicht im Ansatz und bei der Stärken-Schwächen-Analysen wird meistens auch herzhaft gelacht. Die erarbeiteten Ergebnisse des Workshops machen sich die Männer somit eher zu eigen.» Paarprobleme lassen sich also einfach mit strategischer Sichtweise auflösen? Philipp Rufer weist bereits auf seiner Website darauf hin, dass der Familienworkshop keine Paartherapie ist: «Erfolgreiche Firmen setzen sich laufend mit ihrer Positionierung und Weiterentwicklung auseinander. Entsprechend ist es auch möglich, ernsthaften Beziehungskrisen dank kontinuierlicher Beziehungsarbeit vorzubeugen.»

Rufers als Vorzeigefamilie?

Und wie sieht es in der «Firma Rufer» aus? Obschon die Familie mit zwei kleinen Kindern im Moment ein klassisches Familienmodell lebt, sagt Philipp Rufer: «Unsere Vision ist ein 50/50-Modell, wie es meine Eltern gelebt haben.»  Die Ambition, die in diesem Satz mitschwingt, ist spürbar. «Uns hat der Strategieansatz geholfen, uns über unsere Grundwerte, Wünsche und Ziele klar zu werden. Dies hat uns die Entscheidung erleichtert, unsere aufgegleisten Karrierepfade im Grossunternehmen und im Familienbetrieb zu verlassen.» Die Rufers als Vorzeigefamilie also? «In unserer Ehe gibt es dadurch nicht weniger Herausforderungen, Missverständnisse und Streit. Aber wir sind uns bewusster, was und wieso wir etwas tun und sind in einem kontinuierlichen Entwicklungsprozess. Dazu gehen wir beispielsweise immer noch einmal pro Jahr ein Wochenende zu zweit weg, um unsere Familienstrategie zu besprechen und unser gemeinsames Verständnis der wichtigsten Anliegen zu schärfen.» Darüber hinaus entwickeln und testen er und seine Frau laufend Innovationen für ihre Beziehung – dann spriesst jeweils ein neues Blatt an ihrem Baum.

Den FamilienWorkshop gibt es in zwei Varianten. Als «Familienevent» ein Wochenende mit Kinderbetreuung in den Bergen oder als «Kinoersatz» an zwei Abenden in Zürich und Bern (weitere Städte folgen). Inhaltlich sind die Varianten identisch, der Workshop in den Bergen ist mit vier Arbeitsstunden pro Tag etwas ausgedehnter.

Weitere Informationen: www.familienworkshop.ch