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«Wir wollten nicht, dass die Kinder im Hotel aufwachsen»

Ein Hotel führen und Kinder haben? Wie Irene und Martin Müller vom Castell in Zuoz versuchen, diese schwierige Balance zu halten.
Kooperation
17 Mrz 2021
Bilder — Andrea Piacquadio (Pexels), Sarah Pfäffli

Irene Müller*, Sie verbringen einen grossen Teil Ihres Lebens im Hotel – sind Ihre Kinder da einfach mit dabei?
Nein, für uns ist es wichtig, dass die Kinder gut betreut sind. Ich habe selber einmal erfahren, wie ein Kind nicht so richtig betreut war in einem Hotelbetrieb. Ich selber wollte nie, dass ein Kind zwar viele Ansprechpersonen hat, aber am Ende niemand richtig zu ihm schaut. Unser Motto war also immer: «Wenn wir mal selber ein Hotel führen, sollen unsere Kinder extern betreut sein.» Wir wollten nicht, dass die Kinder im Hotel aufwachsen. In Adelboden hatten wir eine tolle Tagesmutter. Hier in Zuoz gehen sie zur Schule, und wir wechseln uns mit Bekannten ab, machen beispielsweise abwechslungsweise Mittagstisch. Nachmittags schaut meistens Martin, am Abend übernehme ich. An zwei Abenden ist Martin zu Hause und ich bin im Hotel. Wir wohnen auch absichtlich nicht im Hotel, sondern etwas weiter weg. Das klappt für uns sehr gut, mittlerweile können wir uns ja von zu Hause ins Hotel-System einloggen, das mache ich ab und zu. Aber niemand ruft mich, um noch schnell irgendwo auszuhelfen, das schätze ich.

Hotelier oder Hotelière zu sein ist kein 08/15 Job, sondern eine Berufung, und steht manchmal im Widerspruch zum Familienleben – wie sehen Sie das?
Klar, Du kannst nicht immer zum nötigen Zeitpunkt alles fallen lassen und nach Hause gehen. Wenn die Kinder ab und zu im Hotel sind, sie dann nach Hause wollen und dann kommt noch gerade ein Gast – dann ist es jeweils schwierig. Andererseits wissen unsere Kinder, worin unsere Arbeit besteht, und sie spüren, dass wir sie mit Freude machen – davon können sie sicher auch profitieren. Es kommt schon vor, dass ich mir mehr Familienzeit wünsche. Ich bin aber selber auf einem Bauernhof mit wenig gemeinsamen Wochenenden und Ferien aufgewachsen und habe trotzdem eine schöne Kindheit erlebt.

«Wir wohnen selber absichtlich nicht im Hotel, sondern etwas weiter weg.»

Der Beruf einer Hoteldirektorin ist ja nicht nur logistisch eine Herausforderung, sondern auch emotional: Den ganzen Tag gilt es, freundlich zu sein, Geduld zu haben. Wie sieht es bei Ihnen am Abend mit den Kindern aus, haben Sie für deren Bedürfnisse noch Energie?
Die vergangenen Monate waren wegen Corona sehr intensiv. Ich habe manchmal das Gefühl, ich müsse den Kindern mehr entsprechen, das spüre ich dann allmählich. Da drüberzustehen ist sicher eine Herausforderung, der ich mich immer wieder stellen muss. Ich arbeite offiziell in einem 80-%-Pensum. De facto ist es natürlich mehr, aber ich schreibe keine Stunden auf und habe dafür schon ein paar Freiheiten und eine gewisse Flexibilität.

Haben Sie einen Ausgleich für sich selber oder als Paar?
Während der Saison ist es nicht immer einfach, sich Zeit für sich selber zu nehmen. Das sind jeweils kurze gemeinsame Momente oder die Zeit für eine Joggingrunde. Zum Glück gibt es die Zwischensaison, das Castell ist jeweils im Frühling und im Herbst für ein paar Wochen geschlossen, dann haben wir mehr Luft. Immer im Frühling machen wir gemeinsame Familienferien.

«Es ist erstaunlich, wie Kinder ihre Eltern bei der Wahl des Ferienorts beeinflussen.»

Haben Sie noch andere Rituale, die Ihnen als Familie heilig sind?
Jein, wir hätten es gerne, aber schaffen es nicht immer. Ich würde zum Beispiel gerne mit der Familie einmal pro Sommer eine coole, etwas grössere Wanderung machen. Ausserdem haben wir wöchentlich einen Tag zusammen frei, meistens am Mittwoch.  An diesem Tag essen wir alle zusammen am Mittag und am Abend, und wenn die Kinder kein Programm haben, unternehmen wir gemeinsam etwas. In der Zwischensaison geniessen wir die Wochenenden. Weihnachten feiern wir immer ein paar Tage vor dem 24. Dezember. Die Kinder sind dann über die Feiertage immer bei den Grosseltern, das geniessen sie auch sehr.

Wohin fährt Ihre Familie in die Ferien?
Wir schätzen die Ruhe, nicht allzu viele Leute um uns zu haben. Oft fahren wir nach Schweden, mieten uns ein Häuschen mit Stadtanschluss oder machen ein verlängertes Wochenende in einem Hotel.

«Damit wir uns wohlfühlen, sollte ein Hotel kinderfreundlich sein, aber auch für die Erwachsenen etwas bieten.»

Worauf achten Sie selber, wenn Sie in einem Hotel absteigen?
Damit wir uns wohlfühlen, sollte ein Hotel kinderfreundlich sein, aber auch für die Erwachsenen etwas bieten – wir haben zum Beispiel Freude, wenn wir uns auf natürliche Art willkommen fühlen, wenn der Ort ästhetisch ansprechend ist und eine gewisse stilvolle Lockerheit aufweist.

Was macht es aus, dass ein Hotel kinderfreundlich ist und trotzdem attraktiv für Erwachsene?
Mir ist eine gewisse Lockerheit wichtig, dazu kleine Details wie eine Spielecke oder ein spezielles Angebot beim Abendessen. Es braucht relativ wenig, das Angebot muss aber zugänglich sein – das Spielzimmer sollte beispielsweise in der Nähe des Speisesaals sein. Unsere Gäste schätzen es, dass die Kinder hier Platz haben. Ganz besonders gut kommt das Kinoangebot nach dem Abendessen an, so können die Erwachsenen in Ruhe ihren Mehrgänger geniessen. Es ist erstaunlich, wie Kinder ihre Eltern bei der Wahl des Ferienorts beeinflussen: Gewonnen haben wir, wenn die Kinder nicht ins Castell wollen, sondern zur Kinderbetreuerin oder zum Kinderbetreuer, die oder den sie beim letzten Aufenthalt ins Herz geschlossen haben. Was auch gut ankommt: Hier muss man die Kinder nicht abgeben, unser Kinderclub öffnet erst um 12 Uhr, das gibt den Familien eine gute Balance. Schliesslich verbringen viele Eltern auch in den Ferien gerne Zeit mit den Kindern.

«Unsere Gäste schätzen es, dass die Kinder hier Platz haben.»

Im Hotel Castell gibt es viele – auch sehr wertvolle – Kunstwerke, die überall im Haus zugänglich sind. Gibt es Momente, in denen Sie Angst darum haben? Und welches ist Ihr persönliches Lieblingskunstwerk?
Nein, damit haben wir fast nie Probleme. Ein einziges Mal gab es einen Unfall mit einem Kunstwerk, bei dem aber glücklicherweise niemand verletzt wurde. Das Castell ist einzigartig dank der Kunst, es ist persönlich und hat einen modernen Touch. Aber es gibt auch Gäste, die nicht der Kunst wegen ins Castell kommen. Ich selber kam wie die Jungfrau zum Kinde, am Anfang hatte ich nicht viel Ahnung von zeitgenössischer Kunst. Oftmals wissen unsere Gäste mehr über gewisse Werke oder Künstler als ich selber, da kann ich jeweils selber etwas dazu lernen. Mein Lieblingswerk ist der Skyspace von James Turrell.

Bitte noch ein Tipp: Wann sollte man bei Ihnen buchen für ein attraktives Angebot?
Ich empfehle, immer anzurufen, auch wenn online keine Zimmer vorhanden sind, manchmal können wir intern noch etwas schieben. Ausserhalb der Schulferienzeit sind die Verfügbarkeiten und Preise natürlich immer etwas besser, da bieten wir beispielsweise «4 für 3»-Pakete an.

«Der Fakt, dass die Schweizer im eigenen Land Ferien gemacht haben, kam uns in der Pandemie zugute.»

Und zuletzt: Wie kommen Sie mit Ihrem Hotel bisher durch die Pandemie?
Das Castell hat die Pandemie bis jetzt sehr gut überstanden. Nach dem Schock des Lockdowns im Frühling 2020 durften wir uns von Juni bis Oktober 2020 über einen ausserordentlichen Sommer freuen. Der Fakt, dass die Schweizer im eigenen Land Ferien gemacht haben, kam uns zugute. Auch diesen Winter dürfen wir uns über eine gute Saison freuen, zwar mit ein paar Einschränkungen – es gibt neu zwei Essenszeiten am Abend, und fürs Hamam muss man sich einen «Slot» ergattern, damit nie zu viele Personen drin sind. Doch die Gäste sind sehr dankbar und verständnisvoll und nehmen dies – vielleicht sogar gerne – in Kauf. Ansonsten ist alles möglich im Hotel, man kann sich verwöhnen lassen, die Kids bis 12 Jahre dürfen den Kinderclub uneingeschränkt nutzen, während die Eltern entspannen. Ein Vorteil des Castells ist auch die Nähe zur Skipiste, so können sich die Gäste mittags bei uns im Restaurant aufwärmen und stärken. Zudem hat das Skigebiet Zuoz keine grossen Gondeln oder Seilbahnen – auch das sehr Corona-konform … Einzig die Unsicherheit, wie es weiter geht, macht das Planen schwierig. Für den Sommer spüren wir schon eine gute Nachfrage, was uns sehr freut.

Für eine Auszeit mit oder ohne Kinder: Das Hotel Castell liegt in Zuoz im Engadin. Das «Schloss» steht inmitten einer wunderschönen Landschaft, ist geschmackvoll ausgebaut und ein lebendes Museum für moderne Kunst. Wir (Eva + Sarah) waren ohne Kinder da (hier die Insta-Story dazu), aber weil uns das Angebot für Kinder so überzeugt hat, haben wir auch bereits Familienferien im Castell gebucht. Die Wintersaison läuft noch bis am 5. April 2021, die Sommersaison beginnt am 13. Juni. Telefon: +41 81 851 52 53; info@hotelcastell.ch.
Wenn ihr beim Buchen (auf welchem Weg auch immer) «Kleinstadt» erwähnt, offeriert euch das Castell Zuoz einen Willkommensdrink (gilt für Buchungen, die ihr vor dem 30. April tätigt – Aufenthalt kann auch später sein.)

Dieser Artikel ist eine bezahlte Kooperation.

* Irene und Martin Müller

Das Hotelier-Ehepaar führt seit sechs Jahren das Hotel Castell in Zuoz. Vorher haben die  Bernerin und der Aargauer lange Zeit im Waldhaus in Sils gearbeitet, anschliessend das Hotel Bellevue in Adelboden geführt, das ebenfalls als sehr kinderfreundlich bekannt ist. Irene Müller hat eine kaufmännische Lehre in einem Hotel absolviert und ist auf einem Bauernhof aufgewachsen. Martin Müller ist gelernter Koch. Die beiden haben sich an der Hotelfachschule in Thun kennengelernt. Ihre Buben sind 12 und 9-jährig. Das Gespräch mit Irene Müller fand anlässlich eines Aufenthalts von Eva und Sarah im Castell Zuoz statt, wobei sich Martin Müller ab und zu einklinkte.