«Vorlesen ist absolute Zuwendung», sagt Ruth Baeriswyl, die Inhaberin des Berner Chinderbuechlade, in diesem Interview. Sie trifft es: Wenn wir vorlesen, können wir gar nicht abwesend sein, nicht am Handy hängen, müssen unseren Kindern die vollkommene Aufmerksamkeit schenken. Und das lieben sowohl Kinder als auch Eltern am Vorlesen – nebst der Möglichkeit, in Fantasiewelten einzutauchen.
Das Angebot an Vorlesebüchern ist jedoch riesig, die Auswahl gar nicht so leicht. Im Folgenden haben wir die Lieblingsbücher unserer Redaktion zusammengestellt, die auch uns Eltern Spass machen. Vorab aber noch zwei Tipps zum Vorlesen:
Und ein letzter Tipp, falls ihr mal kein Buch zur Hand habt: Auf der Website «Einfach vorlesen!» werden laufend neue Kinderbücher ab 3, 5 oder 7 Jahren zum Vorlesen zur Verfügung gestellt.
Die verspielte Geschichte über die einzigartige Freundschaft zwischen dem Leoparden und der Maus eignet sich gut als Abendlektüre für Kinder verschiedenen Alters. Die Kapitel sind kurz und knackig, die Illustrationen ausdrucksstark. Schon Kindergartenkinder können mithelfen, über die Themen nachzudenken, welche die beiden Freunde im Buch besprechen. Am besten plant man jeden Abend nach dem Vorlesen etwas extra Zeit ein zum Philosophieren. Und: Rigo und Rosa gibt es wirklich. Wir haben beim Dählhölzlibesuch doch tatsächlich schon die Maus beim Leoparden im Gehege drin entdeckt! (Milena Salzmann)
Rigo und Rosa, Lorenz Pauli und Kathrin Schärer, Atlantis Verlag
Die besten Kunstwerke erschliessen sich Menschen jeden Alters irgendwie anders – und so ist es auch beim berühmten Janosch. Die Geschichte vom kleinen Bären und dem kleinen Tiger, die nach Panama reisen wollen und es am Ende doch daheim am schönsten finden, trieft vor philosophischer Weisheit, ist aber auch lustig und spannend genug, um Kinder zu begeistern. Der Humor ist so absurd, dass er zeitlos ist, und die Erlebnisse der Tiere bieten allerhand Gesprächsstoff, um über das eigene Glücksempfinden, über Freundschaften und Dankbarkeit nachzudenken. «Wenn man einen Freund hat, … braucht man sich vor nichts zu fürchten» – diese Weisheit gilt schliesslich für jede Lebenslage. (Sarah Pfäffli)
Oh wie schön ist Panama, Janosch, Beltz und Gelberg Verlag
Nach dem Erfolg von «Stories for Rebel Girls» erschienen unzählige Bücher nach dem gleichen Schema: Pro Doppelseite ein Text sowie eine Illustration einer Person, die sich dafür eingesetzt hat, die Welt ein bisschen besser zu machen. Unsere Kinder lauschen mit grossen Augen den Geschichten dieser unterschiedlichen Menschen – denn obschon deren teilweise harten Schicksale nicht im Detail wiedergegeben sind, wird klar, dass das unseren Kindern bekannte, behütete Leben nicht für alle Realität ist. Und auch für mich als Vorleserin sind die Kurzgeschichten lehrreich und horizonterweiternd. Schwierigkeiten zu überwinden, über sich selber hinauszuwachsen und gegen den zu Strom schwimmen: Dieses Buch zeigt auf, dass daraus viel Gutes entstehen kann. (Eva Hefti)
Stories for Kids Who Dare To Be Different – Vom Mut, anders zu sein, Ben Brooks, Loewe Verlag
Ein Hauskobold mit roter Mütze haucht dem Plüschhasen im Schaufenster Leben ein. Er gibt ihm den Namen Hasenfritz und schenkt ihm seine leuchtende Zipfelmütze. Quicklebendig hüpft Hasenfritz aus dem Spielwarenladen auf die Berner Altstadtgasse. Aber natürlich hat er keine Ahnung, wie die Welt da draussen tickt. Zum Glück trifft er auf den verschmitzten Strolch, Matten-Edi, und seine anderen Hundefreunde. Die hingegen kennen Bern wie ihre Westentasche.
Hasenfritz und Matten-Edi erkunden gemeinsam die Stadt und erleben ein Abenteuer nach dem anderen mit den Katzen Züsi und Käthi, dem Münstergespenst, dem Bären Mischko und mit Hans von Thann, dem Stundenschläger vom Zytglogge. Besonders schön ist das Buch für Kinder, die in der Hauptstadt aufwachsen. Die Autorin Ursula Meier-Nobs macht mit ihren Tier- und Fantasiefiguren bekannte Orte zu geheimnisvollen Schauplätzen. Das Buch ist ausserdem in Mundart geschrieben und eignet sich auch zum Vorlesen für Kleine, die noch keine Schriftsprache verstehen. (Elisa Malinverni)
Hasefritz und Matten-Edi, Ursula Meier-Nobs, Blaukreuz-Verlag.
David Grossman ist ein renommierter israelischer Schriftsteller, der normalerweise sehr ernste Romane schreibt. Sein Sohn Uri ist im Libanonkrieg gefallen, und erst einmal würde man von Grossman keine lustige Lektüre erwarten. Aber «Giraffe und dann ab ins Bett!» ist wunderbar leichtfüssig und liebevoll. Die Geschichten hat er für seine Grosskinder geschrieben – und sie sind so gut erzählt, dass einen schmerzlich bewusst wird, wie misslich im Vergleich dazu manche andere Kinderbücher verfasst sind. Es sind kleine Bettmümpfeli, die unsere Kinder und uns an keiner Stelle gelangweilt haben, und die beweisen: Auch gute Kinderbücher zu schreiben, ist eben eine Kunst. (Sarah Pfäffli)
Giraffe und dann ab ins Bett!, David Grossman, aus dem Hebräischen von Anne Birkenhauer und Mirjam Pressler. Mit Illustrationen von Henrike Wilson, Hanser Verlag.
Diesen Second-Hand-Fund haben wir fest ins Herz geschlossen: Die Geschichten aus dem Brombeerhag sind typisch englisch, zuckersüss und praktisch action-frei. Die Mäusebewohner*innen des Hags gehen ihren alltäglichen Tätigkeiten nach, verlieben sich, feiern Feste (immer mit viel Kuchen!) und gehen auf Reisen. Passend dazu sind die liebevollen und detailreichen Illustrationen, gerade die Mäuse-Häuser mit ihren unzähligen Zimmern haben es uns angetan. Die Geschlechterrollen sind leider etwas antiquiert – ich passe das wo möglich einfach jeweils direkt während des Vorlesens an. Auf jeden Fall vermag die heile Welt des Brombeerhags unsere Schulkinder trotz Konkurrenz von Harry Potter und Pokémon immer noch zu faszinieren. (Eva Hefti)
Das grosse Buch vom Brombeerhag, Jill Barklem, Überreuther Verlag
Feuerwehrmann Sam, die Paw Patrol und die Ninjago-Krieger sind vergänglich. Lille und Löwe bleiben, jedenfalls bei unseren Kindern. Das Buch über ihren Alltag liebt der grosse Grosse (6) noch beinahe ebenso heiss wie der kleine Grosse (2). Aber warum? Wahrscheinlich gerade darum, weil es so unspektakulär ist: Der Affe und der Löwe erleben das, was kleine Kinder auch erleben. Sie sind die allerallerbesten Freunde. Sie backen Pizza. Sie gehen in den Garten, auf den Markt, auf den Spielplatz. Sie schlafen gemeinsam ein. Sie haben ein Plüschzebra dabei. Und ab und zu machen sie ein kleines bisschen Affenquatsch. Und wer beim Einblick in ihre kleinen Abenteuer Lust darauf hat, kann einer der unten auf jeder Seite abgebildeten Gegenstände im grossen Bild suchen. Das ist alles. Wenn nur viel mehr im Leben so einfach und schön wäre! (Fabian Sommer)
Zusammen wachsen – Mein Suchbuch mit Lille und Löwe, Anna Karina Birkenstock, Verlag arsEdition. Das Buch ist leider vergriffen und nur noch antiquarisch erhältlich, z.B. hier oder allenfalls in einer Bücherbrocki, z.B. im Bücherwergwerk Bern oder im Bücher Brocky (verschiedene Standorte in der Schweiz)
Welche sind eure liebsten Vorlesebücher?