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Vom Nichtstillen

Stillen ist mitunter nicht eine Frage des Wollens, sondern eine des Könnens.
20 Sep 2017

Bleibt die Magie der ersten Wochen mit einem Neugeborenen brustbedingt aus, kann «Weltstillwoche» auch Jahre später noch zum Reizwort werden. All die Lobpreisungen der besten aller Nahrungen und nahsten aller Nähen rufen in mir Erinnerungen wach, die so gar nicht magisch sind, und packen zuweilen gar noch ungeniert das Prädikat «schlechte Mutter» obendrauf. Wie wohltuend lesen sich da die (zum Glück immer zahlreicher werdenden) Posts, die auf die vielen potentiellen Stillabgründe aufmerksam machen und «love is best» statt «breast is best» propagieren.

Natürlich ist Stillen das Natürlichste und je nach Kind auch Praktischste und Beste überhaupt. Manchmal aber nützt alles nichts, so zumindest meine Erfahrung. Warme Lappen und Massagen vor dem Stillen, Geduld und gutes Zureden währenddessen, kühlende Quarkwickel und jede Menge Tränen danach, Tag und Nacht beliebig oft wiederholt und dazwischen trotzdem immer wieder das Schoppenpulver im Dienst, weil das Kind auch nach einer Stunde noch nicht satt ist. Wie soll es auch, wenn meine Milch nicht richtig fliesst und es ob dem Trinken immer wieder einschläft. Und ich obendrein mehr und mehr zum fahrigen Nervenbündel werde und fürs Kennenlernen, Nahsein und Staunen kaum noch Zeit bleibt.

Manchmal aber nützt alles nichts.

Fünf Wochen, zwei Brustentzündungen, eine Packung Antibiotika und zahlreiche tränenreiche Momente später darum die Einsicht: An der Brust verbringt das Kind eine Stunde und wird trotzdem nicht satt, den Schoppen hingegen trinkt es in einer Viertelstunde leer und ist danach zumindest in kulinarischer Hinsicht zufrieden. Also Übungsabbruch und zurück auf Feld eins. Die wahrscheinlich umstrittenste Entscheidung meines Lebens und gleichzeitig eine der besten. Weil mit ihr über Nacht eine so unglaubliche Ruhe Einzug hielt, dass ich mich hin und wieder kneifen musste. Endlich konnte ich mein Meitschi richtig geniessen, mich mit ihr statt meinen Büppi befassen und nach dem Schoppen einfach mal mit ihr liegen bleiben. So wunderbar war das, dass ich über die teils bissigen Kommentare hinwegsehen konnte. Genervt haben sie trotzdem. Wer sind wir denn, dass wir mit Müttern so hart ins Gericht gehen?

Gerade in der Verletzlichkeit der ersten Wochen mit einem Neugeborenen braucht es viel, aber ganz bestimmt keine Vorhaltungen und Verurteilungen.

Gerade in der Verletzlichkeit der ersten Wochen mit einem Neugeborenen braucht es viel, aber ganz bestimmt keine Vorhaltungen und Verurteilungen. Darum anlässlich der deutschsprachigen Weltstillwoche dieser etwas andere Stillbericht. Mängisch söus eifach nid sy. Das ist zwar schade, aber kein Grund zur Kriegserklärung. Der Liebe nämlich tut ein Schoppen keinen Abbruch. Mitunter gar im Gegenteil.

Aufs Stillen habe ich deshalb beim zweiten Mal gleich ganz verzichtet. Und auch diese Entscheidung keine Sekunde bereut. Allein die Freude unserer Tochter darüber, beim Füttern des kleinen Bruders von Beginn an mithelfen zu können, war jede einzelne hochgezogene Augenbraue wert.

Anlässlich der Weltstillwoche vom 18.–23. September 2017 beschäftigen auch wir uns mit dem hochemotionalen Thema Stillen. Im ersten Post schildert Bruna, weshalb das Abstillen für sie zum Erkenntnisreichsten gehörte, was sie als Mutter bisher erlebt hat. Habt ihr gestillt? Oder eben nicht? Und welche Erfahrungen habt ihr dabei gemacht?