«Hallo ihr da, ihr da unten! Könnt ihr uns sehen?», singen Deine Freunde. Und ja, die Fans der deutschen Kinder-Rapband können die drei Musiker sehen. Denn an diesem Sonntag im Zürcher Volkshaus versperrt dank einem «Kinderbereich» keine erwachsene Person die Sicht auf die Bühne. Die Eltern: Sie können (oder müssen) die Show von hinten oder der Seite des Saals anschauen. Und können schon mal üben für jene bald kommende Zeit, in der die Kinder und Teenagers ihre Lieblingsband selber aufsuchen werden.
Konzertbesuche bleiben bis zu einem gewissen Alter ja schwierig, nicht nur lautstärketechnisch. Denn einige bleiben immer unzufrieden: die Kinder, die sich langweilen, wenn die Band auf der Bühne des Familienkonzerts sich nicht für sie interessiert. Die Erwachsenen, die sich bei Auftritten von einigen Kindermusikern und -musikerinnen fragen, ob es denn wirklich derart kindisch zu und her gehen muss. Es sind Veranstaltungen, die sich dennoch sehr oft lohnen können – und aber auch im Unfrieden enden können. So, wie das halt immer passieren kann, wenn man sich als Familie ein Freizeitprogramm gönnt.
Deine Freunde sind eine perfekte Lösung für all diese Probleme. Die Hamburger haben nämlich Songs dabei, die sowohl ein junges Publikum (sagen wir ab vier Jahren) wie auch die Eltern anspricht. Die ganz Kleinen freuen sich ab «Schokolade», mit dem bei Deine Freunde alles begonnen hat (und der eigentlich nur die Kindergarten-Gruppe von Rapper Florian Sump begeistern sollte). Angehende Teenies singen vielleicht eher «Ohne mein Brudi» mit, und Erwachsene fühlen sich ertappt, wenn Deine Freunde «Elternvertreterwahl in der Kita» anstimmen. Sie singen in diesem Lied über die peinliche Not der Eltern, die sich drucksen wollen und verlegen nochmals eine Handvoll Salzbrezeli mampfen. Um die Stille zu übertönen. Um das Amt abzuwenden.
Kurz: Deine Freunde treffen den Ton – auf ihren Alben, die auch beim hundertsten Dröhnen aus dem Kinderzimmer noch nicht ganz freudlos klingen. Und auch an ihrem Konzert. Das beginnt bei der Konservenmusik, die im Raum zu vernehmen ist, wenn das Publikum eintrudelt – und einige Eltern, die in den 90ern aufgewachsen sind, mit Hits von Ace of Base oder der Titelmelodie des Disney-Club-Trickfilms «Ducktales» nostalgisch stimmt. Das geht weiter mit einer Lichtshow, die grossen Popkonzerten in nichts nachsteht – und den «Kinderbereich» in einen hüpfenden Dancefloor verwandelt. Und es endet damit, dass am Ende alle glücklich sind – inklusive neuen Freunden.
Deine Freunde: «Helikopter» (Universal), www.deinefreunde.info
Der freischaffende Kulturjournalist Benedikt Sartorius ist Vater eines Kindes, lebt in Bern, unterhält auf seiner Website einen Musikblog und verschickt wöchentlich den Popletter «Listen Up!». Auf Kleinstadt.ch stellt er in seiner «Plattenonkel»-Reihe neue Abenteuer in Sound vor.
Musikblog — www.benediktsartorius.ch/blog
Popletter — Listen Up!