Die japanische Chaos-Bändigerin Marie Kondo regt wohl zurzeit so manche Eltern dank der Netflix-Dokuserie «Aufräumen mit Marie Kondo» zum Entrümpeln der Kinderzimmer an. Doch bald schon füllen die Kinder die Leere wieder mit im Wald gefundenen Ästen, Plastikramsch oder halbfertigen Basteleien aus der Kita, die sie «unbedingt» behalten müssen.
Genauso geht es auch Kubbe. Kubbe ist ein kleiner Baumstamm, und er sammelt für sein Leben gern Sachen. Bei seinen Ausflügen in den Wald findet er Blätter, Tannenzapfen und Kastanien, aber auch Hüte, Geschirr und sogar einen Duschvorhang. Nachdem er jeweils alle Gegenstände auf dem Boden ausgebreitet hat (das Bild ist ein Genuss für Menschen, die ihre Bücher gerne nach Farben sortiert ins Gestell einordnen) teilt er sie in verschiedene Gruppen ein, in «biegsame Dinge» oder «pieksiges Zeugs» zum Beispiel, und versorgt sie in die passenden Schachteln und Schubladen, die sich bis zur Decke seines Zimmers erstrecken.
Der kurlige Protagonist hat ein schrulliges Hobby: Er häuft Dinge an, bis sein Zimmer aus allen Nähten platzt.
Es ist eine kuriose Welt, in die uns die norwegische Illustratorin Åshild Kanstad Johnsen in ihrem Bilderbuch «Kubbes Museum» (2013) entführt. Der kurlige Protagonist hat ein schrulliges Hobby, und doch scheint der Baumstamm ziemlich menschlich: Er häuft nämlich Dinge an, bis sein Zimmer aus allen Nähten platzt. «Kubbe hat einfach viel zu viele Sachen. Was soll er jetzt nur machen?», heisst es dann in der lakonischen Sprache, in der das ganze Buch erzählt wird.
Rat weiss Kubbes Oma, ein ergrauter Baumstamm. Sie rät ihm sein eigenes Museum zu eröffnen, damit auch andere seine Sammlung sehen können. Kubbes Museum wird dann regelrecht überrannt von Besucherinnen und Besuchern – eine lustige Mischung aus Bäumen, Menschen, Tieren und Mischwesen – und Kubbe freut sich sehr: «Es prickelt in Kubbes Bauch und alles fühlt sich ganz kribbelig an.» Aber schon bald wird es ihm zu anstrengend, ein Museum zu führen, und vor allem vermisst er eines schrecklich: das Sammeln. Deshalb erstellt Kubbe, wiederum Omas Rat folgend, eine Dokumentation, ein Fotoalbum der gesammelten Gegenstände. Und beim nächsten Ausflug behält er nur ein paar wenige Fundsachen, die er zu «merkwürdigen Figuren» zusammenklebt. Den Rest entsorgt er artig im Glascontainer oder bringt sie auf den Flohmarkt. Und als er am Ende dieses Tages müde ins Bett fällt und eine seiner Skulpturen betrachtet, denkt er zufrieden: «Das ist ja fast schon Kunst.»
Die Autorin schafft es in wenigen Sätzen, Themen wie Überfluss, Wertschätzung, Recycling oder Umweltverschmutzung anzuschneiden, ohne je moralisierend zu werden.
Johnsen schafft es in wenigen Sätzen, Themen wie Überfluss, Wertschätzung, Recycling oder Umweltverschmutzung anzuschneiden, ohne je auch nur im Geringsten moralisierend zu werden. Gleichzeitig entwirft sie ein fantasievolles Universum und verleiht einem Baumstamm liebenswerte Züge. Nicht zuletzt ist das eigenwillig gezeichnete Kinderbuch auch eine liebevolle Hommage an das kindliche Sammeln und an die unverzichtbare Aufgabe von Museen.
Wer ein Exemplar von «Kubbes Museum» gewinnen möchte, schreibt bis 29. Januar 2019, 23:59 Uhr hier einen Kommentar. Die Gewinnerin/der Gewinner wird ausgelost, benachrichtigt und muss das Buch persönlich im Chinderbuechlade an der Gerechtigkeitsgasse 26 in Bern abholen.
* Sarah Sartorius ist Redaktionsleiterin der Berner Kulturagenda. Sie freut sich, dank ihrer Tochter wieder in die Bücher ihrer Kindheit einzutauchen. Unter dem Titel «Eselsohren» stellt sie Lieblingsbilderbücher vor. Sämtliche «Eselsohren»-Buchtipps findet ihr hier.
Chinderbuechlade, Gerechtigkeitsgasse 26, Bern – www.chinderbuechlade.ch Berner Kulturagenda – www.bka.ch