Früher haben wir zwei Schwestern über den Dialekt gespottet, nun lebt zumindest eine von uns seit Jahren wieder im Kanton der hellen (oder grellen) Os und As. Und im September 2022 haben wir in St.Gallen den ersten inklusiven und diversen Kinderladen AHOI eröffnet. Bei uns soll sich jedes Kind in unserer Auswahl der Bücher und Spielsachen wiederfinden. Kinder, die selber einer Minderheit angehören aufgrund einer Behinderung, ihrer Hautfarbe, ihrer Geschlechtsidentität oder ihrer Familienform werden dadurch empowert. So haben wir Puppen of Colour oder mit Trisomie 21, Hautfarbenbuntstifte oder Bilderbücher mit Brailleschrift im Sortiment. Abgerundet wird das Angebot mit Secondhand Kinderkleidern.
Falls ihr mit dem Zug ankommt (bei der Auswahl der Verbindung einen Familienwagen mit Spielplatz wählen, unter Zuginformation ist der mit FA angeschrieben) kurz bei der binären Uhr an der Ankunftshalle anhalten und versuchen, die Zeit abzulesen. Die Lichtinstallation des St.Galler Künstlers Norbert Möslang erhitzte die St.Galler Geister, uns zeigen die leuchtenden Zeichen an, das wir in der Ostschweiz angekommen sind.
Als erstes gehts zur Tafel Spielweg.ch bei der St.Galler Kantonalbank. Hier können wir uns einen Überblick verschaffen und einzelne Punkte rausuchen, die wir besuchen wollen. Nur schon mit dem Spielweg könnten ganze Ausflugstage gefüllt werden!
Dann gehts weiter über den Roten Platz (Foto unten) der Künstlerin Pipilotti Rist und des Architekten Carlos Martinez. Die «Stadtlounge» ist mit rotem Gummigranulat überzogen, wird von kunstvollen Leuchtkörpern beleuchtet und lädt zum Rumturnen, Entspannen und Staunen ein. Der anonyme Tester war erfreut, endlich mal ein Auto anfassen und vor allem besteigen zu dürfen …
Nun gehts zum Austoben in den Stadtpark auf den Spielplatz. Rutsche, Klettermöglichkeiten, Trampolin, Schaukel und die grosse farbige Schlange lassen Kinderherzen höher schlagen (Foto unten). Ein öffentliches WC (rollstuhlgängig) ist gleich nebenan. Neben dem Parkt befindet sich die Ludothek St.Gallen mit verschiedenen Spielen und Spielsachen zum Ausleihen für drinnen und draussen.
Kurzer Halt bei der Märlistation, die in einer ehemaligen Telefonkabine beim Marktplatz kleine Hörer*innen zum Geschichtenlauschen einlädt.
Dann endlich was zu trinken, wir machen Halt im Bioladen und Bistro L’Ultimo Bacio. Die feinen Kuchen in der Theke lachen uns an, zum Kaffee gibts gratis Babyccinos für die kleinen Gäste. Eine Spielecke beschäftigt die Kinder eine Znünipause lang, eine rollstuhlgängige Toilette mit Wickeltisch ist im Untergeschoss.
Gestärkt machen wir uns auf den Weg in die Stadtbibliothek Katharinen (Lift für Rollstuhl ist im Innenhof) und schmökern in den vielen tollen Kinder- und Jugendbüchern. Für Kleinkinder gibts das «Buchstart»-Projekt, das Babys und Kleinkindern den Spass an Bildern und Büchern vermittelt. Für die grösseren Kids gibts tolle Erzählstunden in verschiedenen Sprachen.
Wer sich in eines der Bücher verliebt hat, kann dieses in unserem Shop AHOI (Foto oben) kaufen, rund 5 Minuten zu Fuss entfernt (der Eingang liegt in einer Passage, nicht direkt an der Gasse). Der Zugang ist barrierefrei, eine Wickelstation für kleine und grössere Kinder sowie eine ruhige Stillecke und eine barrierefreie Toilette eignen sich für einen Pitstop. Bei schönem Wetter ist das Bistro im Innenhof offen, und die Kleinen bedienen sich an der Sirupbar oder überreden die Grossen zu einem Ice Pop. Während die einen im Bücher-, Spielsachen- und Secondhand-Sortiment stöbern, toben sich die anderen im Bällebad und grossen Spielbereich aus. Das einzige Argument, weiterzuziehen, ist ein feines Mittag beim nächsten Programmpunkt:
Das Restaurant Guggeien-Höchst (Foto oben) ist gut per Bus und dann zu Fuss über einen kurzen lauschigen Waldspaziergang (Kinderwagen- und Rollstuhltauglich) erreichbar. Unbedingt reservieren oder bei schönen Wetter in der Waldschenke mit Selbstbedienung unter den rauschenden Bäumen essen. Wir können den Wurst-Käse-Salat wärmstens empfehlen. Der märchenhafte Spielplatz ist ein Traum, ein roter Flitzer und 1 PS zum Reiten waren der Hit, Rollstuhl-WC und Wickeltisch sind vorhanden.
Auf dem Rückweg besuchen wir das Naturmuseum (Foto unten). Das schon architektonisch ansprechende Gebäude bietet auf einer Fläche von 2000 Quadratmetern Gross und Klein Entdeckungen in der heimischen Tier- und Pflanzenwelt – die meisten nicht hinter Glas, sondern fast zum Anfassen (nur fast!).
Tierfreunde kommen beim nächsten Stopp auf ihre Kosten, beim Schauhof Dähler in Rotmonten mit Direktverkauf und Streichelzoo (Foto unten). Ein enormer Wagenpark mit Bobby Car, Minitraktor und Feuerwehrautos lassen den Tester die herzigen Geissli vergessen, alle Fahrzeuge müssen mindestens einmal gefahren werden. Ganz in der Nähe lockt der Hof von Bruno Mösli mit Kälbli, frischen Eiern und Süssmost.
Wer noch nicht genug Tiere gesehen hat, macht einen Abstecher zum Klassiker unter den Ausflugtipps: dem Wildpark Peter und Paul. Er ist durchgehend offen und kostet keinen Eintritt. Die Wege sind kinderwagen- und rollstuhltauglich, mit etwas Glück können Gämse, Rothirsche oder Wildkatzen beobachtet werden.
Und wer jetzt noch Energie hat, lässt den Tag im Areal Bach ausklingen. Im Osten der Stadt befindet sich diese Zwischennutzung, Gustav Gleis lädt ab 17 Uhr zum Apéro, die Kinder verweilen im Garten, auf der Sandspielanlage oder testen sich durch den Naschweg. Alle zwei Wochen gibt’s einen Flohmi. Das Areal Bach wurde kürzlich mit dem Anerkennungspreis Diversität ausgezeichnet. Für kleine Handwerker*innen ist die Kinderbaustelle gegenüber ein Traum, Öffnungszeiten beachten.
Ein tolles Alternativprogramm, vor allem im Sommer, ist ein Ausflug zu den Drei Weieren (Hauptfoto ganz oben). Mit der Mühleggbahn gehts von der Altstadt hoch nach St.Georgen. Dort auf dem kurzen Spazierweg zu den Drei Weieren einen Halt beim barierrefreien und inklusiven Kiosk Georg (Foto) machen und ein feines Bauernhofglace, einen Kaffee, ein klebrigsüsses Caramba chrömlen – es ist ein rollstuhlgängies WC vorhanden. Die künstlich angelegten Weiher laden zum Baden oder oder Drumrumspazieren ein: Beim hintersten Weiher befindet sich die Badi Dreilinden, im vorderen Weiher kann ohne Eintritt gebadet werden, im mittleren dürfen auch die vierbeinigen Begleiter*innen rein. Beim Milchhüsli gibts die leckeren Glaces von Gasparini und sonstige Erfrischungen. Und wer sich sportlich betätigen möchte, kann den Schläger beim Minigolf Dreilinden schwingen. Weiter geht es zum Restaurant Scheitlinsbüchel – entweder auf direktem Weg oder rechts um das Kloster Notkehrsegg herum. Hier kann der kleine oder grosse Hunger mit saisonalen und regionalen Gerichten gestillt werden. Das Kettenkarussell weckt bei den Erwachsenen Kindheitserinnerungen und lässt die Kleinen um weitere Fahrten betteln.
Von hier aus geht es über die Weieren zurück, oder ihr nehmt die Appenzellerbahn bei der Haltestelle Notkersegg.
In und um die Wälder von St.Gallen gibt es diverse Feuerstellen. Wir empfehlen die Feuerstelle beim Berneggwald mit Schaukel und Aussicht über die ganze Stadt bis zum Bodensee. Eine Übersicht über die verschiedenen Feuerstellen, die von der Ortsbürgergemeinde zur Verfügung gestellt werden, findet ihr hier.
Hier kommt jetzt ein Einschub von der Kleinstadt-Redaktion – als Nicht-Ortsansässige haben wir einen Tipp fürs Übernachten als Familie in St.Gallen: Wir waren, wie meistens auf Städtetrips in der Schweiz, in der Jugendherberge (Bild oben). Sie liegt in St.Gallen etwas erhöht (in der Nähe der Drei Weieren), ist aber mit dem Appenzeller-Bähnli von der Innenstadt aus in wenigen Minuten erreichbar und hat einen grossen Umschwung zum Herumtollen. Das Haus ist etwas in die Jahre gekommen, aber die Zimmer sind sauber und wie gewohnt zweckmässig, die Aufenthaltsräume haben alles, was man braucht (u.a. einen Fernseher und einen Töggelikasten), das Znacht war unkompliziert und schmeckte. Wir schätzten besonders die persönliche Bedienung, Geschäftsleiterin Ariana hatte endlos Geduld mit unseren Kindern – und die Süssigkeiten-Gläser auf der Réceptions-Theke füllten sich immer wieder wie von Zauberhand auf … Wir fühlten uns sehr wohl hier.
St.Gallen ist ein hervorragender Ausgangsort für unzählige Ausflüge in der Ostschweiz und am Bodensee. Ob den Heidiweg erwandern, im Bodensee baden oder kleine Ausflüge nach Deutschland oder Österreich: Hier liegt wirklich alles ganz nah! Die Kleinstadt-Testerinnen können unter anderem das Strandbad Bregenz (Bild oben) und den Spielplatz beim Hafen in Kreuzlingen herzlich empfehlen. Weitere Tipps aus der Kleinstadt-Community gibts im Kleinstadt-Instagram-Highlight. (Nicht empfehlen können wir das Sea Life in Konstanz – da würden wir nicht wieder hin, alles viel zu eng für Mensch und Tier.)
Auch dank dem Gratis-ÖV mit Gästekarte eignet sich St.Gallen als optimale Home-Base für eine ganze Reihe von Abenteuern im schönen Osten und am Bodensee.