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Lasst uns über Geld reden!

Alle Fragen, die uns zum Thema Geld und Familie schon lange beschäftigen, und die Antworten des unabhängigen Finanzfachmanns Samuel Clemann.
Kooperation
13 Nov 2018
Bild — Clémentine Girardeau (October Industry)

Samuel Clemann, Sie haben die Finanzen unserer Familie durchleuchtet. Was haben Sie gefunden? Was davon ist typisch, was weniger?
Sie sind eigentlich vergleichsweise gut unterwegs. Das ist natürlich für mich nicht ideal, für mich ist es am schönsten, wenn die Leute ganz viel falsch machen, dann können sie mit meinen Tipps viel Geld sparen (lacht). Scherz beiseite: Untypisch ist, dass Sie den Bereich Versicherungen gut geregelt haben, Sie haben keine gravierenden Doppelversicherungen.

Ist das sonst häufig der Fall?
Praktisch immer. Insassenunfallversicherung. Unfallversicherungen. Auch Invalidität bei Unfall wird oft doppelt versichert, gleichzeitig haben dann aber viele eine Lücke bei der Krankheit.

Krankenkasse


Was sind andere klassische Fallen, wo bezahlen viele Familien Ihrer Erfahrung nach zu viel?

Immer wieder im Herbst sind die Krankenkassen ein grosses Thema. Im Durchschnitt kann man dort etwa 2000 Franken im Jahr sparen. Mein Rekord: Einer Familie habe ich geholfen, 43’000 Franken in 5 Jahren zu sparen, und sie waren danach auch noch viel besser versichert als vorher.

Weshalb? Wegen der Franchise?
Viele überlegen sich gar nie, was sie wirklich für ein Bedürfnis haben, was sie wirklich von einer Krankenkasse benötigen. Sie achten dann darauf, dass die Kasse ihnen 200 Franken ans Fitnessabo oder etwas an die Brille zahlt. Dabei sind das bei den wenigsten Leuten die grossen Ausgabeposten. Das ist ein häufiger Denkfehler: Man versichert kleine Risiken, die man eigentlich selber tragen könnte, eher als grosse Risiken, die einen komplett ruinieren könnten. Wären die Menschen rational, würden sie nur jene Risiken versichern, die wirklich existenziell bedrohlich sind. Den Rest zahlt man lieber selber. Kleine Risiken zu versichern, ist für den Kunden ein Verlustgeschäft.

«Viele achten darauf, dass die Kasse ihnen etwas ans Fitnessabo oder die Brille zahlt. Dabei sind das bei den wenigsten Leuten die grossen Ausgabeposten.»

Kommen wir zum Thema Familie. Ein Paar um die 30, beide berufstätig und finanziell unabhängig voneinander, wird Eltern. Plötzlich gehts beim Thema Geld nicht mehr nur um den Wocheneinkauf. Wie kann man sich auf diese Veränderung in finanzieller Hinsicht vorbereiten?
Beginnen wir mit der Krankenkasse. Das Kind sollte schon vor der Geburt bei der Krankenkasse angemeldet werden. Das gilt insbesondere auch für die Zusatzversicherung. Selbst wenn es bei der Geburt ein Gebrechen haben sollte, kann die Kasse das Kind dann nicht mehr ablehnen.

Und was ist mit der Zusatzversicherung für die Mutter, um z.B. in der halbprivaten Abteilung des Spitals behandelt zu werden?
Die muss vor der Schwangerschaft abgeschlossen werden. Es gibt da eine so genannte Karenzfrist von einem Jahr. Ausserdem sollte man die Angebote gut prüfen – manche haben eine Wartefrist von 5 Tagen, das bringt dann natürlich nichts bei Mutterschaft, wenn man erst nach 5 Tagen in die halbprivate Abteilung wechseln kann. Manche Kassen schliessen Mutterschaft sogar generell aus.

Zahnversicherung


Was ist mit der Zahnversicherung, sollte das Kind eine Spange benötigen? Worauf muss man da achten?

Man muss unterscheiden zwischen Zahnversicherungen, welche vor allem Dentalhygiene und Kariesbefall decken, und solchen, die einen Teil an die Zahnspange bezahlen. Diesen Zusatz würde ich je nach Gesellschaft so früh wie möglich abschliessen oder sicher vor 5-jährig. Wenn das Kind noch ganz klein ist, kostet er auch noch sehr wenig. Und man braucht zu diesem Zeitpunkt auch noch kein Attest des Zahnarztes, das heisst, die Kasse kann das Kind nicht ablehnen. Eine Spange kostet schnell mal 10’000 Franken, da sollte man die Leistungen gut vergleichen: Die meisten haben eine Beschränkung gegen oben, und das lohnt sich dann nicht.

So ist es bei unserer Zahnversicherung, wie Sie uns erklärt haben.
Genau, Ihre Zahnversicherung bezahlt 500 Franken im Jahr an Spangen – das bringt nicht gerade viel.

Geld und Beziehung


Typischerweise verdient jemand leider weniger, klassischerweise die Frau, weil sie beruflich zurücksteckt. Plötzlich wird aus einem Doppelverdienerhaushalt ein Anderhalbverdienerhaushalt. Wie teilt man sich dann auf? Gibts eine schlaue Lösung, um das zu lösen?

Dieses Thema wird sehr individuell angegangen. Ich sehe bei meinen Kunden, dass die meisten verheirateten Paare ohne Ehevertrag leben, da kann man eigentlich sagen: Finanziell wird man zu einer Einheit, da kann man  eigentlich ohnehin alles auf einem Familienkonto zusammenlegen. Viele haben aber gern noch ihr eigenes Geld und behalten je einen Teil auf dem eigenen Konto, zum Beispiel, wenn ein Partner viel sicherheitsbedürftiger oder verschwenderischer ist als der andere. Hilfreich ist es sicher, einmal einen Ausgabenplan zu erstellen. Dann weiss man: So viel bleibt am Ende des Monats für mich, das darf ich ohne schlechtes Gewissen für mich verwenden.

Ein Budget zu erstellen ist so schwierig! Und es stimmt doch eh nie.
Beim Budget gehts nicht um Perfektion, sondern um einen Anhaltspunkt für die Ausgabenplanung. Ich empfehle, mal zwei, drei Monate lang alles aufzuzeichnen, was man ausgibt, dann kann man ein genaues Budget erstellen. Mit Apps ist das heute recht einfach.

Wir haben quasi beim Ende angeknüpft und den Betrag X definiert, der nach Bezahlung aller Fixkosten und der Einzahlung aufs gemeinsame Konto noch jeder für sich frei zur Verfügung haben soll. So haben beide gleich viel «für sich», auch wenn beide unterschiedlich viel verdienen.
Das ist eine gute Lösung. Allerdings ist noch längst nicht alles gelöst, wenn man das Geld gut geregelt hat. Die Rollenverteilung, die Tätigkeit im Haushalt – da gibts zum Teil noch grössere Baustellen bei der Familiengründung. Aber wenn man schon beim Geld ständig kämpft, ist es vielleicht nicht schlecht, sich sogar einen Mediator zu nehmen.

Ist das nicht etwas übertrieben?
Wenn Ehepaare immer wieder um die gleichen Entscheidungen streiten, rate ich dazu, lieber früher als zu spät Hilfe zu suchen. Mediatoren sind darin geschult, für beide eine optimale Lösung zu finden. Leider ist das Thema Geld oft ein Streitpunkt.

Heirat und Konkubinat


Viele Paare heiraten noch schnell, bevor das Kind kommt. Ist es – sehr unromantisch gefragt – finanziell attraktiv, zu heiraten?

Wenn ein Partner viel weniger verdient als der andere, zahlt man nach einer Heirat weniger Steuern. Am schlimmsten ist die Heiratsstrafe aber, wenn beide gut verdienen. Aber es gibt andere Nachteile, wenn man im Konkubinat lebt.

Welche?
Bei den Sozialversicherungen ist das Konkubinat als rechtliche Verbindung noch nicht wirklich angekommen. Ohne Kinder ist es kein Problem. Sobald man Kinder hat, ist es wichtig, gewisse Dinge zu regeln.

«Viele Pensionskassen zahlen heute im Todesfall auch dem Konkubinatspartner eine Rente oder ein Kapital aus. Wenn man das nicht vorher anmeldet, kommt einfach nichts!»

Und zwar?
Begünstigungsregelungen bei der 3. Säule, damit im Todesfall der Konkubinatspartner begünstigt ist. Bei der Pensionskasse anmelden, dass man im Konkubinat lebt; viele Pensionskassen zahlen heute im Todesfall auch dem Konkubinatspartner eine Rente oder ein Kapital aus. Wenn man das nicht vorher anmeldet, kommt einfach nichts! Man kann einen Konkubinatsvertrag machen, ein Testament erstellen. Komplizierter ist  es, wenn noch ein Eigenheim dazukommt und ein Partner stirbt – dann kommt die Kesb und setzt sich für die Kinder ein; im schlimmsten Fall muss man das Haus verkaufen, weils nicht geregelt war. Weiter ist ein Vorsorgeauftrag zu empfehlen. Darin kann man regeln, wer für einen sorgen soll, wenn man urteilsunfähig wird.

Vorsorge


Woran muss man bei der Vorsorge denken?

Ein Problem ist, dass jeweils ein Partner – meistens immer noch die Frau – sein Pensum reduziert. Die Pensionskassen ziehen bei Teilzeitangestellten oft den vollen Koordinationsabzug ab. Oder man fliegt sogar aus der Pensionskasse, weil das Einkommen unter 21’330 Franken im Jahr liegt. Beides führt zu sehr schlechten Vorsorgeleistungen, von denen meistens die Frauen betroffen sind. Das lässt sich später fast nicht mehr aufholen.

Warum?
Wegen dem Zins- und Zinseszins-Effekt. Zeit ist der wichtigste Faktor bei der Vorsorge. Wer früh anfängt, kann mit viel kleineren Beträgen sparen als dann mit 50 noch etwas aufzuholen.

Wann soll man anfangen, für die Säule 3a zu sparen?
Unsere Empfehlung ist: Sobald der erste Lohn kommt, einen Teil kurzfristig, einen Teil mittelfristig und einen Teil langfristig zu sparen.

Das macht doch kein Mensch.
Wäre aber etwas vom Schlausten. Kurzfristig sparen heisst für Ferien oder eine Anschaffung, das «Spasskonto». Mittelfristig vielleicht die Hochzeit oder eine Weltreise, das legt man aber besser nicht auf dem Sparkonto an, weil dort die Inflation alles wegfrisst, sondern eher in einer Sachwertanlage, einem Indexfonds zum Beispiel, der einen ganzen Aktienindex abbildet, ohne dass die Bank aktiv Aktien kauft und verkauft. Es gibt Studien dazu: Indexfonds oder ETFs schlagen langfristig die Mehrzahl aller aktiven Anlagen.
Langfristig sparen heisst dann Altersvorsorge, das können auch mal nur 100 Franken im Monat sein, wenn man ganz früh anfängt, und man profitiert von Anfang an vom Steuervorteil.

«Für Kinder bloss nicht mit dem guten alten Sparbüechli sparen!»

Wie soll man für die Kinder sparen?
Bloss nicht mit dem guten alten Sparbüechli! Da verliert man heute nur Geld. Sogar in den besten 10 Jahren in der Schweiz machte man real 10% minus; in den schlechtesten waren es real sogar 40%, wenn man die Teuerung und die Steuern berücksichtigt. Alternative Möglichkeiten sind zum Beispiel Indexfonds, da investiert man in Sachwerte wie Aktien, Immobilien und Rohstoffe wie Edelmetalle. Oder Kindersparpläne, die sind sinnvoll, wenn man 20 Jahre Zeit hat und vielleicht 50 Franken im Monat auf die Seite tun möchte.  Versicherungssparpläne sind dann eine gute Lösung, wenn auch gleich die Invalidität des Kindes abgesichert werden soll. Kinder haben aufgrund fehlender Pensionskasse von der IV nur knapp 1600 Franken monatlich zu Gute bis ans Lebensende. Deshalb kann da eine Kombination Sparen und Absicherung Sinn machen. Zudem sind die Absicherungen bei Kindern bei gewissen Gesellschaften noch extrem günstig.

Wohneigentum


Kommen wir zum grossen Thema Wohneigentum. Das wird in meinem Umfeld ja plötzlich zum Thema, auf einmal redet man über Hypotheken.

Das ist logisch, dass das in dieser Lebensphase kommt. Man fängt sich an zu überlegen, wo man längerfristig wohnen will, wo die Kinder aufwachsen sollen. Wohneigentum ist längerfristig zudem in der Regel günstiger als zu mieten. Viele Familien haben diesen Wunsch, und viele könnten sich das leisten; oft ist sogar mehr möglich, als man denkt.

«Viele Familien wünschen sich ein Eigenheim, und viele könnten sich das leisten; oft ist sogar mehr möglich, als man denkt.»

Woran muss man denken, wenn man eine Hypothek aufnimmt?
Wichtig ist immer, mehrere Angebote einzuholen – und danach zu verhandeln! Das Hypothekengeschäft ist ein arabischer Basar. Man kann da sehr viel herausholen. Die Angebote kommen daher wie in Stein gemeisselt, aber da gibts viel Ermessensspielraum bei der Bank. Zentral ist zudem: Wird die Hypothek in mehrere Tranchen gestückelt, sollten die Laufzeiten möglichst innerhalb von 12 bis 18 Monaten auslaufen, weil man sonst für immer an die Bank gebunden ist und keinerlei Verhandlungsmöglichkeiten mehr hat. Wer noch Renovationen plant, sollte diese möglichst nicht mit den hohen Baukredit-Zinsen bezahlen, sondern Libortranchen aufnehmen. Die Handlinggebühr von 250 Franken bringt man mit Verhandlungen meistens noch weg. Ausserdem rate ich zum indirekten Amortisieren, d.h. man hinterlegt die Säule 3a bei der Bank als Sicherheit und zahlt weiterhin darauf ein. Damit bleiben die Steuervorteile erhalten, und das Haushaltbudget wird geschont. Beim direkten Amortisieren – also wenn Sie einfach Jahr für Jahr einen Teil Ihrer Hypothek abzahlen – schwinden die Steuervorteile, weil man immer weniger Schuldzinsen von den Steuern abziehen kann. Dies lohnt sich jedoch nur, wenn im 3a eine angemessene Rendite erzielt wird und man einen gewissen Grenzsteuersatz übertrifft. Am besten lässt man dies einen Finanzplaner berechnen.

Steuern


Wenn man Ihnen so zuhört, denkt man: Man kann überall noch irgendwas rausholen.

Das stimmt in den meisten Fällen eben auch. Ich begegne Fällen, wo die Leute ihre 3. Säule nicht einmal bei der Steuer abziehen, sondern sie als Vermögen angeben! Das korrigiert die Steuerverwaltung nicht. Kürzlich habe ich eine Familie beraten, die wohl zu den «Working Poor» gehört. Die machten 2, 3 Fehler in der Steuererklärung, die sie 2000 Franken kosteten. Jetzt haben wir sogar erreicht, dass sie in eine tiefere Einkommensklasse kommen, und so erhalten sie zusätzlich zur Steuerersparnis noch mehr Prämienvergünstigungen bei der Krankenkasse.

 «Oft kann man viel rausholen mit Einsprachen.»

Was waren denn das für Fehler in der Steuererklärung?
Sie dachten, weil es eine Kantine am Arbeitsort hat, dürften sie nur den halben Essensabzug vornehmen. Dabei muss man das nur machen, wenns im Lohnausweis steht! Auch typisch: Bei den Berufungskosten kann man ÖV und Velo kombinieren. Oft kann man auch viel rausholen mit Einsprachen. Viele Abzüge werden automatisch gestrichen und dann nach einer Einsprache unter Umständen doch akzeptiert.

Papierkram


Ganz profane Frage: Welche Papiere muss man wirklich behalten?

Die meisten Leute behalten viel zu viele Papiere. Beispielsweise kann man immer die alten Policen wegschmeissen, sobald eine neue Police kommt. Das gilt auch für sämtliche alten Pensionskassenausweise. So genügt eigentlich ein Ordner für alles. Bei Wohneigentum ist es etwas anders, da muss man alle wertsteigernden Investitionen immer aufbewahren, weil man diese als wertsteigernde Massnahmen irgendwann von der Grundstücksteuer abziehen kann, sollte man das Haus oder die Wohnung verkaufen. Steuern: Alles aufbewahren, bis die definitive Veranlagung da ist, dann vielleicht noch 1-2 Jahre zurück, der Rest kann weg.

«Die meisten Leute behalten viel zu viele Papiere.»

Bezahlte Rechnungen?
Weg. Wenn Sie Ihre Rechnungen via eBanking bezahlen, ist ja dort alles noch drin.

Letzte Frage: Sind Sie nicht einfach noch einer mehr, der Geld von uns will?
(Lacht) Wir streben eine Win-Win-Situation an. Natürlich müssen wir irgendwie leben, das ist unser Job. Ich war vorher im Topmanagement eines grossen Finanzdienstleisters, und da ging es wirklich immer nur darum, Umsatz und Gewinn zu steigern. Mit meiner jetzigen Firma versuchen wir eine unabhängige, ganzheitliche und nachhaltige Dienstleistung anzubieten, die den Leuten Zeit und Geld einspart. Sie haben bei uns eine Ansprechperson für alles. Wir auf der anderen Seite müssen nicht in jedem Bereich rentabel sein, weil wir so viele verschiedene Bereiche abdecken – von der Sachversicherung bis zum Investment, von der Steuererklärung bis zur Rechtsschutzversicherung.

Samuel Clemann (46) war zwölf Jahre als Manager in einem grossen Finanzdienstleistungskonzern tätig, bevor er zusammen mit seiner Frau die FINA Finanzplanung AG gründete. Er hat zwei Kinder im Teenageralter. Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit Fina Finanzplanung AG. Die Kooperation kam nach unserer eigenen Finanzberatung und diesem Interview zustande.