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Sie leben radikal grün – und ganz schön inkonsequent

Wie die Familie von Martina Iseli und Tobias Egger ihren Anspruch an ein klimaneutrales Leben mit der Realität in Einklang bringt.
16 Feb 2022
Bilder — Christian Pfander

Dieser Beitrag erschien zuerst in den Tamedia-Zeitungen. Der Nachdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Merci und lieber Gruss an die Werdstrasse!

Selbermachen steht hoch im Kurs: Aus den Senfkörnern wird Senf, aus dem Ingwerferment Ginger Ale, eingelegte Oliven, aus dem Bulgur wird veganer Käse hergestellt, und die dicke weisse glibberige Schicht ist ein Kombucha-Pilz der gerade Tee fermentiert.

Einmal haben sich die Buben von ihrem Sackgeld Wachteleier gekauft. 

Am auffälligsten ist, wie leer der Kühlschrank der fünfköpfigen Familie ist. Das meiste lagert draussen oder im Keller.

Wenn der letzte Apfel im Frühling gegessen ist, gibt es Rüebli zum Znüni.

Die Boskop-Äpfel werden als Erstes gegessen, die lassen sich nicht so lange lagern.

Je konsequenter man eine nachhaltige Lebensweise verfolgt, desto inkonsequenter erscheint man.

Plastikverpackungen, Konservendosen, Metalltuben: Je konsequenter man lebt, desto eher wird man dafür angegriffen, dass man in manchen Bereichen inkonsequent ist. Oder haben Sie auf den Fotos noch nichts entdeckt, das Sie nicht besonders öko finden?

Jedes Vegi-Würstli ist eingeschweisst, jedes Ersatzprodukt extra verpackt.

Dick und schwarz liegt die Verpackung des veganen Kebabs im Kübel. Alle zehn Tage etwa füllen sie zu fünft einen 35-Liter-Sack. Kein Vergleich mit Familien aus der Zero-Waste-Bewegung. Aber deutlich weniger als manche normale Familie.

«Wir haben unseren Frieden mit dem Plastik gemacht. Manchmal ist es einfach praktisch.»

Würde eine Versorgungskrise ausbrechen, die Familie könnte wochenlang problemlos überleben.

Der Keller der Familie sieht aus wie ein Grossmarkt: Pasta und Mehl in 5- oder 10-Kilo-Säcken…

Ihr Shoppingcenter ist das Brockenhaus.

* Die Autorin

Angela Barandun ist seit 2016 Nachrichtenchefin und Autorin bei Tamedia. Davor arbeitete sie als Wirtschaftsredaktorin und leitete später das Wirtschaftsressort. Sie schreibt über Themen an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Politik.