Asha Hedayati vertritt als Anwältin häufig Opfer von häuslicher Gewalt. Die deutsche Familienrechtlerin beschreibt in ihrem Buch «Die stille Gewalt», wie Gewaltopfer durch die staatlichen Institutionen teilweise ein zweites Mal Gewalt erfahren – indem sie alleingelassen werden. Sie tritt im Rahmen der «16 Tage gegen Gewalt an Frauen» am 28. November in Zürich und am 29. November 2023 in Bern auf. Wir haben mit ihr als Anwältin von Gewaltopfern am Telefon insbesondere darüber gesprochen, welchen Schwierigkeiten Opfer häuslicher Gewalt nach einer Trennung begegnen.
Asha Hedayati, was ist die «stille Gewalt», von der Ihr Buch handelt?
Asha Hedayati: Mir ist es ganz wichtig, dass damit nicht die Gewalt des Partners gemeint ist – diese ist nicht still. Wir würden sie als Gesellschaft sehr deutlich und laut hören, wenn wir hinhören würden. Die stille Gewalt ist die Summe der unsichtbaren Normen, Mythen und patriarchalen, aber auch wirtschaftlichen Strukturen, die dazu führen, dass die Betroffenen den Weg aus der Gewalt allein gehen müssen, sich schwerer trennen können und von den staatlichen Institutionen nicht so geschützt werden, wie sie geschützt werden müssten. Vielmehr verstärken, befeuern und verlängern sie diese Gewalt. Ein anderer Begriff dafür ist strukturelle Gewalt.
Sie beschreiben in Ihrem Buch Beispiele von Gewaltopfern, die nach einer Trennung psychiatrisiert werden und ihre Kinder verlieren. Sind das nicht lediglich krasse Einzelfälle?
Es ist ganz wichtig, dass wir genau das nicht tun. Wir müssen aufhören zu denken, dass das nur Einzelfälle sind und das privat ist. Denn das hat zur Folge, dass wir der Betroffenen eine Mitverantwortung geben. Im Sinne von: «Naja, sie hätte sich ja auf jemand anderes einlassen können. Sie hätte sich ja trennen können!» Dabei übersehen wir die enorme strukturelle Ebene, die dieses Thema hat. Wenn wir es nur auf der individuellen Ebene betrachten, wird es auch langfristig keine gesamtgesellschaftlichen Lösungsansätze geben, um die Gewalt zu beenden.
«Wir müssen aufhören zu denken, dass das nur Einzelfälle sind und das privat ist.»
Welche Aufgabe hat der Staat im Bereich häusliche Gewalt?
Der Staat ist verpflichtet, die Frau – zumindest dann, wenn sie sich aus der Gewalt befreien will – zu unterstützen. Es kann nicht sein, dass wir Frauen in solchen Lebenslagen alleine lassen. Dazu müssen wir aber zuerst verstehen, dass das Private politisch ist. Die Familie ist politisch. Das zeigt sich auf sehr vielen Ebenen.
Zum Beispiel?
Es fängt damit an, dass im privaten Bereich vor allem die Frauen die unbezahlte Care-Arbeit übernehmen. Das wiederum führt zu einem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis innerhalb dieser Partnerschaft. Gewaltbetroffene müssen sich also fragen: Wie finde ich überhaupt bezahlbaren Wohnraum, um mich zu trennen? Wie werde ich nach der Trennung meine Kinder ernähren können? Die Frauen, die mir gegenübersitzen, wissen: Wenn sie sich für ein Leben frei von dieser Partnerschaft entscheiden, dann wählen sie ein Leben in Armut. Dass sie diese Entscheidung so individualisiert wird, ist gewaltvoll.
Sie schreiben, dass oft auch nach einer Trennung die Gewalt nicht vorbei sei. Inwiefern?
Nachtrennungsgewalt ist eine wirklich unterschätzte Form der Gewalt. Trennungssituationen sind Hochrisikosituationen für Femizide (Morde an Frauen oder Mädchen aufgrund ihres Geschlechts, Anm. d. Red.). Am häufigsten findet ein Femizid in der Nachtrennungssituation statt. In diesen Fällen erlebt der Partner durch die Trennung einen derartigen Macht- und Kontrollverlust, dass er versucht, über noch mehr Gewalt diese Macht und Kontrolle wiederherzustellen. Das geschieht häufig über Stalking, Nachstellen, permanente Kontaktaufnahme. Und wenn es gemeinsame Kinder gibt, über permanente gerichtliche Verfahren. Der Gewalttäter nutzt diesen Kontakt, um die Mutter zu destabilisieren und zu demütigen, ihr zu zeigen: Ich bin immer noch da, du kommst nicht an mir vorbei, und ich kann dir dein Leben zur Hölle machen.
«Die Frauen, die mir gegenübersitzen, wissen: Wenn sie sich für ein Leben frei von dieser Partnerschaft entscheiden, dann wählen sie ein Leben in Armut.»
Sie schreiben über die Situation in Deutschland, Richter*innen würden sich gegenüber Männern offener zeigen. Wie kommen Sie zu dieser Aussage?
Väter werden für die kleinste Form der Mitbeteiligung gefeiert. Sie können sagen: Wir wollen uns ja mehr kümmern, wir wollen ja mehr Gleichberechtigung! Aber dabei wird oft übersehen, dass dieses «mehr kümmern» erst dann eine Rolle spielt, wenn die Mutter sich getrennt hat. Was aber vorher war, wie vorher die Care-Arbeit verteilt war, das wird nicht gesehen. Dabei wird auch übersehen, dass dieses «ich will mich mehr beteiligen» auch eine Form der Gewalt darstellen kann, wenn darüber nämlich nach gewaltvollen Partnerschaften immer wieder der Kontakt hergestellt wird. Darüber soll die Mutter in einer gewaltvollen Partnerschaft destabilisiert werden. In einer funktionalen Beziehung ist es anders, das ist klar.
In Deutschland wie in der Schweiz sind die allermeisten Alleinerziehenden Frauen, sie erhalten also eher die alleinige Obhut. Spricht das nicht dafür, dass die Gerichte eher Frauen begünstigen?
In Deutschland sind 90 Prozent der Alleinerziehenden Frauen, in der Schweiz liegen die Zahlen etwas tiefer. Das liegt aber nicht daran, dass sie alle die alleinige Obhut über die Kinder bekommen. Das liegt daran, dass sie sich von Anfang an hauptsächlich um die Kinder gekümmert haben und häufig nach der Trennung alleingelassen werden. Da kümmert sich der Vater oft gar nicht. Oder da heisst es dann bei der Trennung: Sie war nun mal die Hauptbezugsperson während 5, 6, 7 Jahren. Da will das Kind natürlich eher bei der Mutter bleiben als zum Vater wechseln, das ist auch nachvollziehbar.
Fälle, in denen die Mütter den Umgang mit dem Vater nicht erlauben, erregen immer wieder grosse Aufmerksamkeit. Es heisst dann jeweils, die Mütter würden die Kinder instrumentalisieren. Wie häufig ist so eine «induzierte Entfremdung» Ihrer Erfahrung nach?
Ich finde dieses Narrativ gefährlich, weil es immer wieder mütterfeindliche Mythen befördert. In der Realität sitzen bei mir Alleinerziehende im Büro, die sich wünschen, sie könnten auch mal durchatmen, das Kind dem Vater übergeben und ihre Ruhe haben. Aber meistens ist es so, dass der Umgang mit dem gewaltvollen Ex-Partner zu noch mehr Stress in ihrem Leben und im Leben ihres Kindes führt. Sodass sie sagen: Na gut, dann muss ich das eben alleine machen, damit auch mein Kind diesem permanenten Druck nicht ausgesetzt ist.
In der Schweiz gibt es Bemühungen, den Tatbestand der «induzierten Entfremdung» ins Strafgesetzbuch aufzunehmen. Was hat es damit auf sich?
In der deutschen Rechtssprechung wird das «Bindungsintoleranz» genannt. Wenn Frauen den Umgang mit dem Vater aus Angst nicht zulassen wollen, dann heisst es sehr häufig, sie seien nicht bindungstolerant, sie könnten die Beziehung zum anderen Elternteil nicht fördern und unterstützten. Das sei ein Zeichen dafür, dass sie nicht erziehungsfähig seien. Im schlimmsten Fall führt das dazu, dass ihnen das Sorgerecht entzogen wird. Der Vorwurf der «Bindungsintoleranz» hängt wie ein Damoklesschwert über den Müttern und führt dazu, dass Frauen oft einer für sie und die Kinder nachteiligen Vereinbarung zustimmen, damit ihnen bloss nicht das Sorgerecht entzogen wird.
«Der Vorwurf der «Bindungsintoleranz» hängt wie ein Damoklesschwert über den Müttern und führt dazu, dass Frauen oft einer für sie und die Kinder nachteiligen Vereinbarung zustimmen, damit ihnen bloss nicht das Sorgerecht entzogen wird.»
Ist es dasselbe wie das «Parental Alienation Syndrome», PAS?
Das ist ein ähnliches Konstrukt. Das «Parental Alienation Syndrome» ist absolut umstritten und darf in verschiedenen Ländern nicht mehr in gerichtlichen Gutachten angeführt werden, weil es einfach wissenschaftlich nicht haltbar ist.
Was ist mit der Mutter, die dem Vater die Kinder vorenthält, um ihn für die Trennung zu bestrafen, und nur den Unterhalt einfordert?
Das sind diese ganz wirkmächtigen misogynen Mythen von der «geldgierigen, rachsüchtigen Ex», die auch nicht Halt machen vor staatlichen Institutionen. Es ist naiv zu denken, dass solche Stereotypen nicht auch Einfluss nehmen auf Verhandlungen über die Kinderbelange.
Woher kommt dieser Mythos, wenn er keinen Ursprung in der Realität hat?
Ich glaube, das hat wirklich damit zu tun, wie geringschätzend wir die Care-Arbeit als Gesellschaft betrachten. Es wird als «natürliche Aufgabe der Frau» betrachtet, sie kann fast dankbar dafür sein, dass sie das machen kann. Und deswegen denken gewisse Männer, sie schulde ihm das einfach, obwohl das natürlich ihm erst ermöglicht hat, Karriere zu machen, und findet es frech, dass die Frau Unterhalt fordert.
Das gemeinsame Sorgerecht ist in der Schweiz bereits Standard. Die alternierende Obhut oder das Wechselmodell, bei dem beide Elternteile mindestens 30 Prozent der Betreuungszeit übernehmen, ist im Gesetz heute auf Antrag vorgesehen. Nun kämpfen aber Lobbygruppen dafür, die alternierende Obhut nach Trennungen als Regelfall vorzusehen, das Vorhaben wurde im Parlament unterstützt. Was halten Sie davon?
Das wäre eine Katastrophe.
Warum?
Weil es Konstellationen nicht berücksichtigt, in denen es gewaltvolle Dynamiken gibt. Je paritätischer die Betreuung ist, desto mehr müssen die Elternteile miteinander kommunizieren und kooperieren. Stellen Sie sich vor, sie haben gemeinsame Kinder und eine geteilte Obhut. Das Kind pendelt dann also regelmässig hin und her. Die Eltern müssen sich sehr oft absprechen, über Arzttermine, Hausaufgaben, Freizeitprogramm. Bei gewaltvollen Partnerschaften ist das eine absolute Zumutung, da sind dann immer Situationen, in denen der Expartner seine Macht demonstrieren, Entscheidungen torpedieren und das Leben der Ex schwer machen kann. Am Ende ist das Leidtragende immer das Kind.
Was steckt denn sonst hinter diesen Bemühungen?
Unter anderem, dass natürlich der Unterhalt für das Kind reduziert wird oder wegfällt, wenn der Vater mehr betreut. Die Befürworter dieses Modells sagen: «Na, dann kann sie ja mehr arbeiten!» Aber das entspricht nicht der Realität. In der Regel hat die Mutter jahrelang auf Karriereschritte und Weiterbildungen verzichtet, hat zumeist Teilzeit gearbeitet. Es ist gar nicht so einfach, beruflich wieder einzusteigen. Der Arbeitsmarkt diskriminiert Alleinerziehende in besonderem Masse und stellt ihnen entweder keine geeignete oder nur eine schlecht bezahlte, weiblich typisierte Arbeit zur Verfügung. Hinzu kommt der Gender Pay Gap. Das Wechselmodell benachteiligt Gewaltbetroffene auch in dieser Hinsicht.
Die zuständige Rechtskommission des schweizerischen Parlaments unterstützt den Vorschlag, die alternierende Obhut als Standard vorzusehen, weil das Kindeswohl damit «besser gewahrt ist, selbst dann, wenn es zwischen den getrennten Eltern Konflikte gibt». Wie schätzen Sie das ein?
Aus meiner Sicht als Anwältin von Opfern häuslicher Gewalt sehe ich das als problematisch an.
Man zeigt gerne auf andere Länder, wenn es drum geht, wie Frauen behandelt werden. Haben es Frauen in Deutschland und der Schweiz nicht vergleichsweise sehr gut?
Wir leben in einer Gesellschaft, in der wir laut Gesetz gleichberechtigt sind. Aber Gleichberechtigung ist nicht dasselbe wie Gleichstellung. Die tatsächliche Stellung der Frau innerhalb einer Gesellschaft ist die Summe aller kleinen und grossen rechtlichen und gesellschaftlichen Normen. Historisch gewachsene gesellschaftliche Rollenverständnisse und ökonomische Zustände haben aber faktisch dazu geführt, dass sich ein Anspruchsdenken innerhalb von Partnerschaften etabliert hat, sodass sich fast eigentumsähnliche Verhältnisse eingestellt haben. Männer verfügen über den Körper, die Zeit, die Arbeitskraft von Frauen.
«Wenn es eine echte Gleichstellung gäbe, da bin ich mir ganz sicher, gäbe es dieses Anspruchsdenken und diese massiven Formen der Gewalt nicht mehr.»
Und das führt zu Gewalt?
Kurz gesagt: Solange es keine echte Gleichstellung gibt, wird es auch Gewalt gegen Frauen geben. Gewalt gegen Frauen findet nicht in einem luftleeren Raum statt. Wenn es eine echte Gleichstellung gäbe, da bin ich mir ganz sicher, gäbe es dieses Anspruchsdenken und diese massiven Formen der Gewalt nicht mehr. Die Männer könnten sich die Räume gar nicht nehmen für die Gewalt. Respektive: Der Raum würde ihnen nicht mehr gegeben.
Sie schreiben, Gewalt gegen Frauen werde kulturalisiert. Was bedeutet das?
Gewalt gegen Frauen wird medial immer dann aufgegriffen, wenn eine Person Täter ist, die schwarz, of color ist oder geflüchtet. Da erfüllt Rassismus die Funktion, diese Debatte an den Rand zu drängen, die in der Mitte der Gesellschaft stattfinden müsste. Es ist leichter zu sagen, dass es uns nicht betrifft, wenn der Migrant aus Berlin Neukölln seine Frau tötet. Es wird der Eindruck erweckt, als betreffe es nur eine kleine Randgruppe.
«Gewalt gegen Frauen findet in absolut allen gesellschaftlichen Schichten und Milieus statt.»
Tatsächlich ist die Gewaltrate in migrantischen Milieus höher.
Ich möchte nicht verharmlosen, dass die Gefahr für Gewalt immer grösser ist, je patriarchaler die Familienverhältnisse sind. Trotzdem: Gewalt gegen Frauen findet in absolut allen gesellschaftlichen Schichten und Milieus statt. Ich erlebe es sogar eher so, dass in besser gebildeten, wohlhabenden Familien noch eher darüber geschwiegen wird, weil die Betroffenen eine noch grössere Scham verspüren, darüber zu sprechen.
Es gibt auch Gewalt von Frauen an Männern. Sie sprechen aber immer nur von der Gewalt von Männern. Weshalb?
Weil sie im Unterschied zur Gewalt von Frauen an Männern strukturbedingt und systemimmanent ist. Wir müssen schon sehen: Die Zahlen sprechen für sich. Jeden zweiten bis dritten Tag tötet ein Mann in Deutschland eine Frau in oder nach einer Partnerschaft. (In der Schweiz wird die Zahl der Femizide von den Behörden nicht erhoben; das private Projekt Stop Femizid erfasst sie aber; Anm. d. Redaktion). Diese Zahl kann schon auch für sich alleine stehen, um zu zeigen, dass wir bei Frauen tatsächlich ein strukturelles Problem haben. Femizide geschehen nicht zufällig. Und das ist der Unterschied.
«Femizide geschehen nicht zufällig.»
Häusliche Gewalt nimmt auch in der Schweiz zu. 60 Prozent aller Tötungsdelikte hierzulande wurden 2022 im «häuslichen Bereich» verübt. Was bräuchte es Ihrer Meinung nach am dringendsten, um häusliche Gewalt zu stoppen?
Man braucht sich dafür gar nicht neue Sachen auszudenken: Die Schweiz hat wie Deutschland vor Jahren die Istanbul-Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ratifiziert. Da stehen wahnsinnig viele schöne Massnahmen drin, die nur umgesetzt werden müssten. Beide Länder wurden aber in den jüngsten Expertenberichten gerügt.
Es reicht, die Konvention umzusetzen?
Das wäre ein sehr wichtiger und guter Schritt in Richtung Gewaltfreiheit. Letztlich müssen wir aber auch anerkennen, dass es Männer sind, die diese Gewalt ausüben. Also müssten auch die Männer diese Gewalt beenden. Es kann nicht sein, dass sich nur Frauen und Fraueninitiativen permanent gegen Gewalt einsetzen. Die Männer müssten sich mit und für die Frauen engagieren, damit diese Gewalt beendet wird. Sie müssen sich mit gewaltvollen Anteilen von Männlichkeit auseinandersetzen und sie neu denken. Das ist einer der Knackpunkte. Gleichzeitig muss alles dafür gemacht werden, dass Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse aufgelöst werden, weil Gewalt gegen Frauen immer ein Ausdruck davon ist.
«Die Männer müssten sich mit und für die Frauen engagieren, damit diese Gewalt beendet wird.»
Zum Schluss: Wie ist es mit der Sprache? Sind Begriffe wie «häusliche Gewalt», «Eifersuchtsdrama» oder «Ehrenmord» noch haltbar?
Eine Sprache für die Gewalt zu finden ist wichtig. Gerade die Medien haben da eine Verantwortung. Wir hatten in Deutschland vor kurzem den krassen Fall einer Kindsentführung am Hamburger Flughafen. Der Vater hat sein eigenes Kind über viele Stunden als Geisel genommen. Am Ende hiess es, das sei ein «Sorgerichtskonflikt» gewesen. Die Medien haben es als «Streit» betitelt, statt abzubilden, dass das eine massive Form der Gewalt gegen das Kind und die Mutter war.
Und zuletzt: Sie sind täglich mit Gewalt und Elend konfrontiert. Was verleiht Ihnen Hoffnung?
Meine Mandantinnen. Ihre Kraft, ihr Mut, ihr Optimismus. Es gibt wenig, was so radikal und mutig ist, wie eine Frau, die es trotz Gewalt und Widerständen schafft, aufzustehen und zu gehen. Ich sehe, wie diese Betroffenen nicht einfach nur überleben, sondern wieder zurück ins Leben finden und teilweise in glücklichen Partnerschaften wieder lieben können. Ich finde es hoffnungsvoll, dass sie trotz dieser schrecklichen Erfahrung dieses existenzielle Gefühl der Liebe bewahren könne. Aber ich bin wohl auch vom Typ her einfach hoffnungslos romantisch.
Würden Sie vom Heiraten abraten?
Nein. Ich will keine Partnerschaft verteufeln. Ich finde wirklich, dass gesunde Partnerschaften wunderbar und heilsam sein können. Aber sie müssen auf Augenhöhe gelebt werden.
«Es gibt wenig, was so radikal und mutig ist, wie eine Frau, die es trotz Gewalt und Widerständen schafft, aufzustehen und zu gehen.»
Asha Hedayati wurde 1984 in Teheran geboren, hat in Berlin Rechtswissenschaft studiert und arbeitet seit fast 10 Jahren als Rechtsanwältin im Bereich des Familienrechts. Sie vertritt schwerpunktmäßig gewaltbetroffene Frauen in Trennungs-, Scheidungs- und Gewaltschutzverfahren. Neben der Arbeit als Anwältin bildet sie Sozialarbeiter*innen von Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen aus und ist Gastdozentin für Familienrecht und Kinder- und Jugendhilferecht an zwei deutschen Hochschulen.
Bild: Sapna Richter (Rohwolt)